STRESSREAKTION
Die Maxime: ohne Bedrohung kein Stress- trifft nicht zu. Es genügt, wenn ein Mensch sich fühlt, als sei seine Ihre Unversehrtheit in Gefahr. Bereits dann reagiert er emotional, physisch, mit Gedanken und Verhalten. Es spielt keine Rolle, ob eine Bedrohung objektiv gegeben ist oder subjektiv so interpretiert wird (1).
In dem Moment, in dem uns bewusst wird, dass wir „Stress haben“ läuft der ganze Prozess schon auf Hochtouren und wir können nur noch versuchen das irgendwie zu überstehen. Der Unterschied zu unseren Vorfahren in der Steppe ist, dass deren Stresserleben kurzzeitig Höchstleistungen möglich gemacht haben und anschließend eine ausgedehnte Ruhephase alle Systeme wieder auf NORMAL zurückkehren konnten. Das was die Stressreaktion unseres Körpers zu einer Belastung macht, ist die andauernde Aktivierung, ohne die notwendigen Ruhephasen.
Die Stress-Reaktion ist eine Folge unserer aktivierten Alarmanlage. Unser Gehirn nimmt über unsere 5 Sinne unsere Umgebung wahr. Diese Wahrnehmungen werden in Millisekunden bewertet und sofort in harmlos, gut oder gefährlich eingestuft. Die Einschätzung erfolgt nicht nach einer sorgfältigen Analyse der Wahrnehmung, sondern aus den Bruchstücken die z.B. über Augen, Ohren, Nase aufgenommen wurden. Aus diesem einzelnen Puzzleteil wird entschieden, bin ich in Gefahr oder nicht. Lautet die interne Antwort ja, wird sofort Alarm geschlagen und die inneren Stressprozesse werden in die Wege geleitet. Für diese Entscheidung werden die in unseren Archiven gespeicherten Ereignisse herangezogen. Dabei ist es egal, ob wir uns an dieses Ereignis/Erlebnis bewusst erinnern oder nicht. In unserem Gehirn ist die Amygdala (Mandelkern) für das Anfertigen von Erinnerungen zuständig. Dabei wird keine „Rücksprache“ mit unserem Bewusstsein gehalten. Die Amygdala entscheidet ganz spontan und selbständig, welche Ereignisse und Erlebnisse gespeichert werden sollen und welche nicht. Dass wir häufig gar keine bewusste Erinnerung daran haben spielt dabei keine Rolle.
Der Vermutung, wonach die Bewertung des Stresses sich darauf auswirkt, wie gut man ihn verträgt, gingen Forscher der Harvard Universität nach (2). Sie setzten Studienteilnehmer absichtlich sozialem Stress aus. Ein Teil der Probanden wurde vor dem Experiment gecoacht. Die Forscher vermittelten ihnen, wie sie den Stress, dem sie gleich ausgesetzt würden, positiv nutzen könnten. Zwar würde sich ihr Puls beschleunigen, möglicherweise würden sie beim Atmen ins Stocken geraten, und schwitzen würden sie vermutlich auch: Dies alles sollten sie nicht etwa als Zeichen der Angst sehen, sondern sich bewusst sein, dass ihr Körper randvoll sei mit Energie. Der Stress dazu da, ihnen zu helfen. In den Daten zeigte sich ein bemerkenswerter Unterschied. Die Studienteilnehmer, die wussten, dass ihnen der Stress hilft, zeigten zwar die erhöhte Herzfrequenz – aber ihre Adern zogen sich nicht wie bei den anderen Teilnehmern zusammen. Damit nutzten sie alle Vorteile, die der Stress bietet, zu ihren Gunsten, verhinderten aber die gesundheitsgefährdenden Nachteile. Es kommt also darauf an, wie man über den Stress denkt. Die Folgen im Körper lassen sich objektiv messen (3).
(1) Heinrichs, M. et al., Stress und Stressbewältigung, in: Fortschritte der Psychotherapie, Band 58, 2015, S.5.
(2) Jamieson, J.P., et al., Improving acute stress responses: The power of reappraisal, Current Directions in Psychological Science, 22(1), 2013, S.51-56.
(3) Urs Willmann, Stress ein Lebensmittel, 2016, S.44-45.
(2) Jamieson, J.P., et al., Improving acute stress responses: The power of reappraisal, Current Directions in Psychological Science, 22(1), 2013, S.51-56.
(3) Urs Willmann, Stress ein Lebensmittel, 2016, S.44-45.